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Claude Monets Garten in Giverny

In der Insel Bücherei ist im März ein sehr hübsches Buch über Claude Monets Garten in Giverny (Normandie) erschienen, das für mich genau richtig kam, da wir dieses Jahr noch Urlaub in der Normandie machen werden und einen Zwischenstopp in Giverny einlegen. Gloria Köpnick und Rainer Stamm haben diesen Band mit zahlreichen Bildern des impressionistischen Künstlers verantwortet, von dem man in eine andere, idyllische und feenhafte Welt entführt wird.

Nach Claude Monets (1840-1926) Gemälde „Impression, soleil levant“ ist die Kunstströmung des Impressionismus benannt worden, sodass man ihm kein Unrecht tut, wenn man ihn als einen der „Gründer“ der impressionistischen Schule bezeichnet, die in Frankreich ihren Ursprung nahm. Neben dem Maler Monet stehen für diese Kunstströmung noch Namen wie Auguste Renoir, Édouard Manet oder Edgar Degas oder aber auch Paul Cézanne und Henri Matisse, allesamt Künstler, deren Werke man heute in Museen auf der ganzen Welt bewundern kann.

„Impression, soleil levant“ (dt. „Eindruck, aufgehende Sonne“) entstand 1872 und markiert den Beginn einer neuen Richtung. Das Bild zeigt den Hafen von Le Havre bei Sonnenaufgang. Während im Hintergrund die anliegenden Schiffe schemenhaft zu erkennen sind, rudern im Vordergrund einige Fischerboote im Wasser des Hafens, vor dem rötlich-blau getönten Horizont und den Schiffs- und Industriekonturen. Ziel des Bildes ist es nicht, räumliche Tiefe zu vermitteln, sondern auf unverfälschte Weise einen momentanen objektiven Seh-Eindruck zu geben. Es geht mehr um die atmosphärische Wiedergabe der Impression als um die genaue Wiedergabe von Details.

So verfährt Monet später auch in seinem Garten. Er hatte zunächst einen Hausgarten in Argenteuil und in Vétheuil, wo er mit seiner Familie um 1880 lebte. Doch zum Gegenstand seiner Kunst wurde der Garten erst in Giverny. Die dort entstandenen Bilder zählen zu den Hauptwerken der modernen Malerei und des Impressionismus, insbesondere die Seerosenbilder, die man heute zum Beispiel im Musée de l’Orangerie in den Pariser Tuilerien, aber auch in anderen modernen Museen wie der Neuen Pinakothek in München besichtigen kann.

Auch in Deutschland gibt es Beispiele für Maler/innen, die ihren Garten als Ort des Rückzugs und Quelle ihrer künstlerischen Inspiration nutzten. Max Liebermann (1847-1935), ein Berliner Künstler, hatte einen Garten am Berliner Wannsee. Der Jugendstilkünstler Heinrich Vogeler (1872-1842) kaufte 1895 den bei Bremen gelegenen Hof Barkenhoff (heute ein Museum) in Worpswede, wohin er andere bedeutende Künstler/innen der Zeit einlud, die mit ihm die Schule von Worpswede bildeten. In Worpswede entstand eine eigene Künstlerschule und Künstlerkolonie. Der expressionistische Künstler Emil Nolde (1867-1956) schließlich malte in Seebüll (heute: Nolde Stiftung Seebüll) in Schleswig-Holstein.

Doch zurück zu Monet: Er mietete sich mit seiner Lebensgefährtin Alice Hoschedé, die er 1892 heiratete, ab Mai 1883 ein Haus mit Garten in Giverny, in der Normandie. Doch im Gegensatz zu dem, was man glauben könnte, nämlich der Annahme, es handelte sich bei dem Garten in Giverny um nicht mehr als eine Sommerfrische, eine schöne Rückzugsmöglichkeit vom Pariser Trubel, lebte der Maler ganzjährig in seinem Haus mit Garten in der Normandie, unterbrochen nur von ausgedehnten Reisen, z. B. in Frankreich, nach London oder Venedig. Monet erwarb das Grundstück in Giverny 1890 und gestaltete es ab diesem Zeitpunkt ganz nach seinen Vorstellungen.

Zeitgleich mit diesem Wendepunkt nimmt das Serielle in Monets Schaffen einen wichtigeren Stellenwert ein. Dieser sagt über das Malen:

Als ich anfing, war ich wie die anderen, denn ich dachte, zwei Leinwände, eine für bedecktes Wetter und eine für Sonne, wären ausreichend; doch als ich begann diesen sonnigen Moment festzuhalten, hatten sich kurz darauf die Lichtverhältnisse verändert, so dass zwei Leinwände nicht genügten […].

So kommt es, dass der Künstler beispielsweise 15 Bilder eines Heuhaufens anfertigt, um die verschiedenen Stimmungen, Licht- und Wetterverhältnisse und Momente einzufangen. Die Bilder werden in der Pariser Galerie Durand-Ruel als Serie ausgestellt und werden zu einem großen Erfolg, die Kritiker wie Publikum gleichermaßen überzeugen.

In den Folgejahren entwickelt sich Giverny zu einer Künstlerkolonie, in die befreundete Künstler/innen wie auch interessierte Besucher/innen pilgern, und wird zum Hort von Monets Schaffen. Durch den ökonomischen Erfolg kann Monet sich Chauffeur, Köchin, Wäscherin, Hausmädchen leisten. Ab 1892 kümmern sich mehrere Gärtner um die anwachsende Gartenanlage. Auch Monet selbst besaß inzwischen botanisches Wissen und beschäftigte sich mit dem Garten und dem Gartenbau. Die Vielfalt des Gartens schlug sich auch in den Gemälden Monets nieder.

Zum bevorzugten Motiv wurden die Seerosen im Wassergarten von Giverny. Der heute durch die Werke Monets weltbekannte Jardin d’eau war ein kunstvoll arrangiertes Areal mit Teichen, Brücken, zahlreichen Seerosen und angrenzenden Trauerweiden. Die endgültige Einrichtung des vollständigen Wassergartens nahm mehrere Jahre in Anspruch. Die Seerosen kamen zum Teil aus Japan. Da sie wärmere Temperaturen benötigten, als es das Wasser vor Ort hatte, das aus einem Nebenarm der Epte stammte, mussten Schleusen eingebaut werden. Nicht ohne Grund war ein Gärtner ausschließlich mit der Pflege der Seerosen beschäftigt.

1895 ließ Monet die japanische Brücke errichten und malte sie zum ersten Mal. Doch es dauerte noch bis 1899, ehe der Wassergarten zum bevorzugten Gegenstand seiner Gemälde wurde. Wie bei Max Liebermann dauerte es auch bei Claude Monet einige Jahre, ehe der Garten, den der Künstler sich geschaffen hatte, in das Werk und Wirken vordrang. 1899 malte Monet eine Serie von Gemälden, auf denen die japanische Brücke abgebildet war. Ein Jahr später finden sich auch andere Motive aus dem Garten in seinenn Bildern. 1901 wird der Garten noch einmal erweitert und die Brücke erhält einen Bogen mit Glyzinien.

Erst ab 1902 tauchen die Seerosen als Motiv im Werk Monets auf. Es ist die Seerosen-Serie, an der der Maler von 1903 bis 1908 fortwährend arbeitet. Eine Ausstellung von 48 Gemälden der Seerosen-Serie in Paris war äußerst erfolgreich. Und auch heute ist Monet vor allem für seine Seerosen sowie die Garten-Bilder bekannt. Durch seine serielle Arbeit und die Aufmerksamkeit für verschiedene Atmosphären und Eindrücke erlangte der Maler Anerkennung und wirtschaftlichen Erfolg.

In seinen späten Jahren litt Monet an Schicksalsschlägen und einer Depression. 1911 starb seine Frau Alice, außerdem waren viele seiner Künstler-Freunde bereits nicht mehr am Leben. Er selbst erhielt die Diagnose grauer Star und konnte die Farben nicht mehr richtig sehen – ein grausames Schicksal für einen Künstler. Zudem starb 1914 noch sein Sohn Jean. Doch 1914 ermutigten Georges Clemenceau sowie einige Freunde den Künstler dazu, die Arbeit an großformatigen Seerosen-Bildern zu beginnen. Dieses Projekt beschäftigte Monet für den Rest seines Lebens.

Heute sind die Bilder, die daraus hervorgegangen sind, in der Pariser Orangerie ausgestellt und gehören dem französischen Staat, denn Monet hat die großen Seerosen-Gemälde dem Staat zum Geschenk gemacht. Dieses Vermächtnis – die Bilder und der Garten von Giverny – wird von Claude Monet bleiben und hält die Erinnerung an ihn und seinen impressionistischen Blick ungetrübt lebendig.

Rainer Stamm und Gloria Köpnick haben mit diesem Büchlein über Claude Monet und seinen Garten eine hübsche Hommage mit einer kleinen, nicht repräsentativen Auswahl an Werken besorgt. Man erhält beim Blättern und Lesen, irgendwo zwischen Garten-Gemälden und Zitaten und Texten, einen Eindruck vom Garten von Giverny und Monet, so als begäbe man sich selbst ein klein wenig in die Gartenanlage von Giverny und als lebe Monets Geist noch einmal auf.

Auch wenn es noch mehr Text hätte sein dürfen und etwas weniger Bilder (man fühlt sich ein wenig wie in einem Bildband mit wenig Text), ist dieses Werk ein schönes Kunstbuch, das sich gut im Regal macht und das man gerne immer wieder aufschlagen wird, um dem Alltag kurz zu entfliehen.

Bewertung: ⭐⭐⭐⭐⭐ 5/5

Rainer Stamm/Gloria Köpnick (Hrsg.): Claude Monets Garten in Giverny. Insel Bücherei Nr. 1523. Insel Verlag. 14 €.

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