Erst dieses Jahr bin ich auf das unbedingt lesenswerte Alterswerk des französischen Dichters Philippe Jaccottet (Clarté Notre Dame, 2021, Wallstein Verlag, aus dem Französischen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz) gestoßen, der 2021 verstorben ist. Nun folgte Vom Glück des poetischen Lebens des zwischen den Kulturen Frankreichs und Deutschlands vermittelnden Literaturwissenschaftlers und Übersetzers Wolfgang Matz, ein literarisch anspruchsvoller Band über die letzten Begegnungen des Autors mit den inzwischen verstorbenen französischen Dichtern André du Bouchet, Yves Bonnefoy und Philippe Jaccottet, die alle miteinander befreundet waren und die Poesie als eine Lebensart ansahen.
„„Vom Glück des poetischen Lebens“ von Wolfgang Matz“ weiterlesenKategorie: Poesie
Aus dem Lyrikkabinett: „Frauen | Lyrik. Gedichte in deutscher Sprache“ (Hrsg. Anna Bers)
Die Anthologie „Frauen | Lyrik“ (Hrsg. Anna Bers) widmet sich in mehr als 500 Gedichten und auf beinahe 900 Seiten der Lyrik von und über Frauen. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zu mehr Sichtbarkeit weiblicher Dichtung. Denn Dichterinnen waren in Gedichtsammlungen bisher regelmäßig unterrepräsentiert.
„Aus dem Lyrikkabinett: „Frauen | Lyrik. Gedichte in deutscher Sprache“ (Hrsg. Anna Bers)“ weiterlesenAus dem Lyrikkabinett: „Mein Name ist Ausländer“ von Semra Ertan
Semra Ertan war eine engagierte türkische Poetin und Arbeiterin in Deutschland. Im Jahr 1982 verbrannte sich die 25-jährige Frau aus Protest gegen den Rassismus in Hamburg. Zu ihrer Lebenszeit fand sie als Tochter von Einwanderern keinen Verlag, der ihre Werke veröffentlichen wollte. Die edition assemblage widmet der Dichterin nun posthum eine eigenständige Sammlung von ca. 200 Gedichten.
„Aus dem Lyrikkabinett: „Mein Name ist Ausländer“ von Semra Ertan“ weiterlesenAus dem Lyrikkabinett: Amanda Gorman – der wahre Star der Inauguration
Die 22-jährige Lyrikerin, Schriftstellerin und Aktivistin Amanda Gorman war die jüngste Inaugural-Poetin, die je bei einer Präsidenteneinführung in den USA aufgetreten ist. Mit ihrem lebhaft vorgetragenen, optimistischen und hoffnungsvollen Gedicht „The Hill We Climb“ wurde die junge Harvard-Absolventin zum Star der Inauguration, von der Presse gleichermaßen gelobt und gefeiert wie von den Sozialen Medien und bekannten Persönlichkeiten wie Oprah Winfrey, Michelle Obama oder Hillary Clinton.
„Aus dem Lyrikkabinett: Amanda Gorman – der wahre Star der Inauguration“ weiterlesenGedicht #10: Musenanruf

Die Musen küssen mich
mit ihren sanften Lippen
sachte wach.
Sie schaffen eine Szene
von Goldstaub und Silberpulver.
Hier ruht der Hain, dort
tanzt der Helikon
im Morgengrauen.
Dort stolpert Apoll
leichten Schrittes
im Sonnenlicht.
Mein Künstler, sei bereit,
sei wachsam, werde tätig!
Schreit über den Parnass
und lass dich berauschen.
Trink nun den Wein,
der dich antreibt.
So.
Gedicht #9: Unbenannt
Gibst du mir
Bitte, Guter,
Einen Namen,
Damit ich
Nicht weiter
Unbenannt
Umherstreife?
Ich bin doch
Ganz namenlos geboren
Und voller
Sehnsucht danach.
So.
[Gedicht] #8 Der Musenberg
Die Musen küssen mich
Mit ihren sanften Lippen
Sachte wach. Sie zaubern
Eine Szene aus Goldstaub
Und Silberpulver aufs Tapet.
Dort ruht der Hain, dort
Tanzt der Musenberg im
Morgengrauen. Dort stolpert
leichten Schrittes Apoll in
die Bühne. Sei bereit, sei
wachsam, sei tätig! Sei ein
Künstler, mein Lieber, der
Sich unaufhaltsam betätigt.
Schreite über den Musenberg
Und lass dich berauschen.
Trink den Wein, der dir
Inspirationen bringt und dich
Antreibt. So.
[Gedicht] #7

Das abendliche Pfeifen der Vögel
belebt deinen Geist –
wie eine Mundharmonika,
Nur schöner.
[Gedicht] #6

Du süße Blume,
Sei mein Gast,
Sei meine Krone,
Wache am Ast.
Du süße Blume,
Sei mein Gefährte,
Sei mein Schutz,
Wache auf Erden.
[Gedicht] #5

Wir wandeln wie die Schwalben,
die über die weiten Länder fliegen.
Wir wandeln, wir wandern.
Wir wandern wie die unsteten Fische,
die durch die blauen Meere schwimmen.
Wir wandern, wir wandern.
Wir wandern wie die weichen Muscheln,
die durch die unebenen Sande ziehen.
Wir wandern, wir wandeln.