„Vom Glück des poetischen Lebens“ von Wolfgang Matz

Erst dieses Jahr bin ich auf das unbedingt lesenswerte Alterswerk des französischen Dichters Philippe Jaccottet (Clarté Notre Dame, 2021, Wallstein Verlag, aus dem Französischen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz) gestoßen, der 2021 verstorben ist. Nun folgte Vom Glück des poetischen Lebens des zwischen den Kulturen Frankreichs und Deutschlands vermittelnden Literaturwissenschaftlers und Übersetzers Wolfgang Matz, ein literarisch anspruchsvoller Band über die letzten Begegnungen des Autors mit den inzwischen verstorbenen französischen Dichtern André du Bouchet, Yves Bonnefoy und Philippe Jaccottet, die alle miteinander befreundet waren und die Poesie als eine Lebensart ansahen.

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„Über die See“ von Mariette Navarro

Mariette Navarro schreibt mit „Über die See“ ein Buch über die Seefahrt, das einen nach einiger Zeit ganz in seinen Bann zieht. Eine Meditation auf die See, geschrieben aus der Perspektive der Seefahrer und vor allem einer Kapitänin, die eigentlich keine Abweichungen von den Regeln duldet, aber ein einziges Mal nur auf der Reise von den Azoren auf die Antillen den Ausbruch aus allen vorgegebenen Normen wagt – mit weitreichenden Konsequenzen.

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„Ich verliebe mich so leicht“ von Hervé Le Tellier

Hervé Le Tellier, der Autor des Bestsellers Die Anomalie, veröffentlicht nun, ein Jahr später, eine Liebesgeschichte zwischen einem 50jährigen Mann aus Paris und einer 20 Jahre jüngeren hübschen Frau aus Schottland, die bereits einen anderen Mann hat. Eine Geschichte, die eigentlich interessant sein könnte, doch leider misslingt das Vorhaben auf den lediglich 110 Seiten, und schafft es nicht, zu überzeugen.

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Meine Lieblingsbücher der rentrée littéraire 2021

Es ist inzwischen ein Jahr her, und doch denke ich, dass es für einige interessant sein könnte, einen kleinen Überblick über die rentrée littéraire 2021 in Frankreich zu bekommen. In nächster Zeit werde ich ausprobieren, ob es auch für manche interessant ist, Rezensionen französischsprachiger Bücher zu erhalten – und dies ist der bescheidene Auftakt-Beitrag dafür.

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Literarische Neuerscheinungen für Proust-Liebhaber/innen

2021 feierten wir das 150. Geburtstagsjubiläum des Ausnahmeschriftstellers Marcel Proust, am 18. November 2022 erinnern wir uns an seinen 100. Todestag. Dieses zweifache Jubiläum nehmen wir zum Anlass, um auf die Neuerscheinungen rund um Marcel Proust und sein Werk hinzuweisen, in deren Genuss Proust-Liebhaber*innen und solche, die es werden wollen, kommen können. Wir wollen dabei auch einige französischsprachige Hinweise unterbringen, da Proust vor allem eins ist: ein unumgängliches Monument in der französischsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts.

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„Das andere Mädchen“ von Annie Ernaux

Im Jahr 2011 erschien im Verlag Nil in Frankreich der kurze Brief der Schriftstellerin Annie Ernaux an ihre verstorbene Schwester. Er reiht sich ein in die Reihe von Briefen an Personen, an die man schon immer einen Brief schreiben wollte, die man bislang aber nicht verfasst hatte. In diesem Herbst, kurz nachdem Annie Ernaux den Literaturnobelpreis für ihr autobiographisches Werk als „Ethnologin ihrer selbst“ erhalten hat, ist der Roman nun bei Suhrkamp erschienen. Eine Bilanz.

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„Le jeune homme“ von Annie Ernaux

Der Kurzroman „Le jeune homme“ ist das aktuelle Werk der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux, das bisher nur auf Französisch erschienen ist. Am 16. Januar 2023 wird das dann 48-seitige Buch unter dem Titel „Der junge Mann“ bei Suhrkamp, dem deutschen Hausverlag von Ernaux, auch auf Deutsch erscheinen. Ich rezensiere hier die französische Version des Textes.

Ernaux beschreibt sich als „Ethnographin ihrer selbst“, diese Bezeichnung hat sie sich selbst in ihren vergangenen Werken wie „Die Jahre“ (frz. „Les années“), „Die Scham“ („La honte“) etc. bereits erarbeitet. Ein Kennzeichen von Ernaux‘ Schreibstil ist es, dass sie persönliche Erinnerungen mit politisch-sozialen Ereignissen verbindet und in den persönlichen Erinnerungen an die eigene soziale Herkunft und den eigenen sozialen Aufstieg etwas Allgemeingültiges sucht.

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„Anleitung, ein anderer zu werden“ von Édouard Louis

„Anleitung, ein anderer zu werden“ (frz. „Changer: méthode“) ist das neueste ins Deutsche übersetzte Werk von Édouard Louis, das ich sehr gern und mit großer Aufmerksamkeit gelesen habe, da ich mich in Teilen darin wiedererkennen konnte. Denn Louis erzählt darin die Geschichte einer Flucht vor seiner eigenen Herkunft, in seinem Fall insbesondere vor seiner niedrigen sozialen Herkunft im benachteiligten Norden Frankreichs.

Wie in seinem Erstlingswerk „Das Ende von Eddy“ („En finir avec Eddy Bellegueule“) handelt es sich um ein Werk zwischen Autofiktion und Autobiographie, das mit den Genregrenzen spielt, und um ein Werk der Selbst(er)findung. Louis beschäftigt sich mit seiner Kindheit, Jugend, Familie, seiner Ausbildung zum Akademiker und Intellektuellen, seiner Homosexualität, aber auch, wie immer, mit sozialer Klasse, sozialer Gewalt, Beleidigungen und Homosexualität.

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Eine (Verlags-)Vorschau auf den Herbst 2022

In letzter Zeit ist es ein wenig stiller geworden um mein Blog Der-Leser.net, was ich selbst ein wenig bedauere. Das liegt zum einen daran, dass sich bei mir persönlich etwas geändert hat, zum anderen daran, dass ich beruflich momentan viel zu tun habe (Unterrichten; Promovieren), und so kaum noch zum Schreiben über Bücher komme. Ich bin froh, dass ich immer noch Zeit finde, neben der Arbeit zu lesen, doch leider habe ich nicht mehr die nötige Ruhe und die Zeit, um zu jedem Buch, das ich momentan lese, meine Meinung im Netz kundzutun. Dabei lese ich immer noch relativ viel.

Tatsächlich hat sich mein Leseverhalten jedoch im Vergleich zu vor einem Jahr verändert: Ich lese wieder vermehrt französische zeitgenössische Literatur im Original und französische Klassiker im Original oder in Übersetzung, was meinem Interesse und meinem abgeschlossenen Studium in Romanistik entspricht. Zu der zeitgenössischen deutschen Literatur greife ich hingegen seltener. Da fremdsprachige Literatur genauso wie Klassiker in der deutschsprachigen Blogosphäre eher weniger besprochen wird, neige ich dazu, meine französischen und Klassikerlektüren unbesprochen für mich zu behalten, und, statt einem breiten Internetpublikum weiterzuempfehlen, was ich gelesen habe, nur einigen Freunden und Bekannten von meinen Lektüren zu berichten.

Mit diesem Beitrag über die Verlagsvorschauen für den kommenden Herbst möchte ich mein Blog nach längerer Zeit wieder einmal aktualisieren. Viel Spaß mit dem Überblick über das, was in der nächsten Lese-Saison auf uns zukommen wird!

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„Bouvard und Pécuchet“ von Gustave Flaubert

In dem Klassiker „Bouvard und Pécuchet“ machen sich zwei Biedermänner und Kopisten aus Paris, ausgestattet mit einem Erbe, in die Normandie auf und beginnen dort, zahlreiche Bereiche des Wissens zu erkunden, um so ihre Zeit auszufüllen, doch sie scheitern nach und nach kläglich, verlieren die Lust oder das Interesse. Flaubert soll zur Vorbereitung auf dieses Opus magnum, an dem er ab 1863 arbeitete, ehe er 1874 mit dem Schreiben begann, über 1000 Bücher gelesen haben.

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