Ein Roman über den Prozess zu den Attentaten des 13. Novembers: Was zunächst nach einer langatmigen Lektüre klingt, macht Emmanuel Carrère, der bereits mit anderen Werken als versierter Autor hervortrat, zu einer gleichermaßen berührenden wie lehrreichen Lektüre, die man nicht mehr so schnell vergessen wird.
„„V13“ von Emmanuel Carrère“ weiterlesenSchlagwort: 2022
„Vivre vite“ von Brigitte Giraud
Für den Roman „Vivre vite“ wurde Brigitte Giraud mit dem Prix Goncourt 2022 ausgezeichnet. Sie begibt sich darin auf eine Zeitreise 20 Jahre zurück, um jenem tragischen Tag auf den Grund zu gehen, an dem ihr Mann durch einen Motorradunfall verstarb. Jener 22. Juni 1999 wird von allen Seiten und unter Berücksichtigung jeder denkbaren Hypothese ausgeleuchtet. Ein reizvolles und ungewöhnliches Gedankenexperiment beginnt.
„„Vivre vite“ von Brigitte Giraud“ weiterlesen„Vom Glück des poetischen Lebens“ von Wolfgang Matz
Erst dieses Jahr bin ich auf das unbedingt lesenswerte Alterswerk des französischen Dichters Philippe Jaccottet (Clarté Notre Dame, 2021, Wallstein Verlag, aus dem Französischen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz) gestoßen, der 2021 verstorben ist. Nun folgte Vom Glück des poetischen Lebens des zwischen den Kulturen Frankreichs und Deutschlands vermittelnden Literaturwissenschaftlers und Übersetzers Wolfgang Matz, ein literarisch anspruchsvoller Band über die letzten Begegnungen des Autors mit den inzwischen verstorbenen französischen Dichtern André du Bouchet, Yves Bonnefoy und Philippe Jaccottet, die alle miteinander befreundet waren und die Poesie als eine Lebensart ansahen.
„„Vom Glück des poetischen Lebens“ von Wolfgang Matz“ weiterlesen„Über die See“ von Mariette Navarro
Mariette Navarro schreibt mit „Über die See“ ein Buch über die Seefahrt, das einen nach einiger Zeit ganz in seinen Bann zieht. Eine Meditation auf die See, geschrieben aus der Perspektive der Seefahrer und vor allem einer Kapitänin, die eigentlich keine Abweichungen von den Regeln duldet, aber ein einziges Mal nur auf der Reise von den Azoren auf die Antillen den Ausbruch aus allen vorgegebenen Normen wagt – mit weitreichenden Konsequenzen.
„„Über die See“ von Mariette Navarro“ weiterlesen„Ich verliebe mich so leicht“ von Hervé Le Tellier
Hervé Le Tellier, der Autor des Bestsellers Die Anomalie, veröffentlicht nun, ein Jahr später, eine Liebesgeschichte zwischen einem 50jährigen Mann aus Paris und einer 20 Jahre jüngeren hübschen Frau aus Schottland, die bereits einen anderen Mann hat. Eine Geschichte, die eigentlich interessant sein könnte, doch leider misslingt das Vorhaben auf den lediglich 110 Seiten, und schafft es nicht, zu überzeugen.
„„Ich verliebe mich so leicht“ von Hervé Le Tellier“ weiterlesenMeine Lieblingsbücher der rentrée littéraire 2021
Es ist inzwischen ein Jahr her, und doch denke ich, dass es für einige interessant sein könnte, einen kleinen Überblick über die rentrée littéraire 2021 in Frankreich zu bekommen. In nächster Zeit werde ich ausprobieren, ob es auch für manche interessant ist, Rezensionen französischsprachiger Bücher zu erhalten – und dies ist der bescheidene Auftakt-Beitrag dafür.
„Meine Lieblingsbücher der rentrée littéraire 2021“ weiterlesenLiterarische Neuerscheinungen für Proust-Liebhaber/innen
2021 feierten wir das 150. Geburtstagsjubiläum des Ausnahmeschriftstellers Marcel Proust, am 18. November 2022 erinnern wir uns an seinen 100. Todestag. Dieses zweifache Jubiläum nehmen wir zum Anlass, um auf die Neuerscheinungen rund um Marcel Proust und sein Werk hinzuweisen, in deren Genuss Proust-Liebhaber*innen und solche, die es werden wollen, kommen können. Wir wollen dabei auch einige französischsprachige Hinweise unterbringen, da Proust vor allem eins ist: ein unumgängliches Monument in der französischsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts.
„Literarische Neuerscheinungen für Proust-Liebhaber/innen“ weiterlesen„Das andere Mädchen“ von Annie Ernaux
Im Jahr 2011 erschien im Verlag Nil in Frankreich der kurze Brief der Schriftstellerin Annie Ernaux an ihre verstorbene Schwester. Er reiht sich ein in die Reihe von Briefen an Personen, an die man schon immer einen Brief schreiben wollte, die man bislang aber nicht verfasst hatte. In diesem Herbst, kurz nachdem Annie Ernaux den Literaturnobelpreis für ihr autobiographisches Werk als „Ethnologin ihrer selbst“ erhalten hat, ist der Roman nun bei Suhrkamp erschienen. Eine Bilanz.
„„Das andere Mädchen“ von Annie Ernaux“ weiterlesen„Blutbuch“ von Kim de l’Horizon
„Blutbuch“ hat dieses Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen und wurde gefeiert, weil es das Thema Non-Binarität, welches bisher in der deutschsprachigen Literatur nicht ausreichend Beachtung fand, auf eine sprachlich und künstlerisch innovative Weise behandelt. Beide Aspekte habe ich an „Blutbuch“ geschätzt, und doch muss ich im Rückblick sagen, dass ich mich mit dem Roman von Kim de l’Horizon auch schwergetan habe.
Eben weil der Gewinner des Deutschen Buchpreises kein klassischer Roman ist, keiner linearen Erzählstruktur folgt, habe ich mich entschieden, dass auch ich aus dem Raster der klassischen Rezension ausbrechen möchte und stattdessen eine Auflistung von positiven und negativen Seiten gegenüberstellen möchte, die dem Buch hoffentlich gerechter wird als eine reine Inhaltszusammenfassung mit anschließender Meinung/Kritik.
„„Blutbuch“ von Kim de l’Horizon“ weiterlesen„Le jeune homme“ von Annie Ernaux
Der Kurzroman „Le jeune homme“ ist das aktuelle Werk der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux, das bisher nur auf Französisch erschienen ist. Am 16. Januar 2023 wird das dann 48-seitige Buch unter dem Titel „Der junge Mann“ bei Suhrkamp, dem deutschen Hausverlag von Ernaux, auch auf Deutsch erscheinen. Ich rezensiere hier die französische Version des Textes.
Ernaux beschreibt sich als „Ethnographin ihrer selbst“, diese Bezeichnung hat sie sich selbst in ihren vergangenen Werken wie „Die Jahre“ (frz. „Les années“), „Die Scham“ („La honte“) etc. bereits erarbeitet. Ein Kennzeichen von Ernaux‘ Schreibstil ist es, dass sie persönliche Erinnerungen mit politisch-sozialen Ereignissen verbindet und in den persönlichen Erinnerungen an die eigene soziale Herkunft und den eigenen sozialen Aufstieg etwas Allgemeingültiges sucht.
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