„Hotel der Schlaflosen“ von Ralf Rothmann

Ralf Rothmann, geboren 1953 in Schleswig, erhielt für seine literarischen Werke zahlreiche Literaturpreise. Er hat sich durch Romane mit Schauplatz im Ruhrgebiet und in Berlin sowie durch Erzählungen hervorgetan. Sein neuester Erzählband, „Hotel der Schlaflosen“, versammelt elf Erzählungen von unterschiedlicher Länge, die an den verschiedensten Orten und zu verschiedenen Zeiten spielen.

„Fear is a man’s best friend“ lautet das Motto des Bands, ein Zitat von John Cale. Und tatsächlich ist es oft, aber nicht immer in dieser Sammlung von Texten die Angst, eine grundlegende Emotion und menschliche Erfahrung, die die Protagonisten antreibt, motiviert oder einschränkt.

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Graphic Novels zu Ludwig van Beethoven

2020 feiern wir den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven. In diesem Beethoven-Jahr sind nicht nur zahlreiche Sondersendungen zu dem Ausnahmekomponisten über den Äther gegangen, sondern auch einige Graphic Novels erschienen, die sich mit seiner Person befassen. Wir stellen „Beethoven: Unsterbliches Genie“ (Carlsen, 2020) von Peer Meter und Rem Broo und „Goldjunge: Beethovens Jugendjahre“ (avant-verlag, 2020) von Mikael Ross vor.

Die beiden Werke sind allein schon deshalb sehr verschieden, weil sich beide einem anderen Zeitraum in Beethovens Leben widmen: Während „Goldjunge: Beethovens Jugendjahre“ sich, wie der Titel bereits sagt, Beethovens Kindheit, Jugend und ersten Jahren als Musiker in Wien zuwendet, wohnt man in „Beethoven: Unsterbliches Genie“ dem Tod des Komponisten bei und erfährt post mortem interessante Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben.

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„Was Nina wusste“ von David Grossmann

David Grossmann gehört zu den wichtigsten israelischen Schriftstellern der Gegenwart. Mit seinem neuen Roman Was Nina wusste legt er einen intensiven Familienroman vor, der die bewegte Geschichte von Eva Panić-Nahir, einer ehemaligen Inhaftierten der Gefängnisinsel Goli Otok unter dem Tito-Regime in Jugoslawien, sowie die Auswirkungen dieses Traumas auf die Familiengeschichte fiktional aufbereitet.

Der Roman zeichnet sich vor allem zu Beginn durch seine vielfältigen Handlungsstränge aus, in denen man sich zunächst zurechtfinden muss, da Gegenwart und Vergangenheit in wechselnden Episoden erzählt werden. Berichtet wird die Geschichte aus der Perspektive der 39-jährigen Gili, der Enkelin der aus Jugoslawien nach Israel ausgewanderten Jüdin Vera.

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Interview mit Florence Brokowski-Shekete: „Ich möchte Brücken bauen“

Florence Brokowski-Shekete ist in Hamburg als Kind nigerianischer Eltern geboren, wuchs zunächst in Buxtehude bei einer deutschen Familie in Pflege auf. Mit acht Jahren nahmen ihre Eltern sie mit nach Nigeria, in ein Land, das ihr fremd war. Doch sie kam wieder zurück nach Deutschland, wo sie eine beachtliche Laufbahn durchlief.

Sie legte das 1. und 2. Staatsexamen für Lehramt ab, arbeitete als Lehrerin und freie Beraterin und Coach. 2007 wurde sie Rektorin, 2013 Schulaufsichtsbeamtin, 2014 Schulrätin und 2020 Schulamtsdirektorin. Wir haben mit ihr über ihre Biografie, ihr Buch „Mist, die versteht mich ja“ (Orlanda Verlag, Berlin, 2020) und ihre Erfahrungen als Schwarze Frau in Deutschland, über Diskriminierung und sensible Sprache gesprochen.

Der-Leser.net: Sehr geehrte Frau Brokoswki-Shekete, Sie sind in Deutschland geboren, wuchsen dann in Lagos (Nigeria) auf und kamen zuletzt wieder zurück nach Deutschland. Wie hat diese Erfahrung Sie geprägt?

Florence Brokowski-Shekete: Ich war ja in Buxtehude zunächst das schwarze Kind in der weißen Mehrheitsgesellschaft, dort fühlte ich mich aber trotzdem wohl. Ich war neun, bevor wir nach Nigeria umgezogen sind. In Nigeria sah ich dann zwar genauso aus wie alle, wie die Mehrheitsgesellschaft, aber ich verstand die Sprache nicht und kannte die Kultur nicht. Das hat mir gezeigt, dass es nicht unbedingt mit dem Äußeren zu tun hat, ob man sich an seinem Ort wohl fühlt.

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„Die Buchhandlung der Wünsche“ von Shinsuke Yoshitake

Shinsuke Yoshitake hat mit „Die Buchhandlung der Wünsche“ eine Graphic Novel für „alle, denen Bücher die Welt bedeuten“, vorgelegt, ein Buch für Bücherfreunde, Büchernarren und Bibliophile. Denn er nimmt uns in diesem Comic mit in eine Buchhandlung, in der man alle möglichen Bücher über Bücher kaufen kann. Inhaber der Buchhandlung der Wünsche ist ein sympathischer Buchhändler mittleren Alters mit Halbglatze und Schnurrbart, der seine Kundinnen und Kunden freundlich bedient.

Wenn im Laufe des Buches immer wieder kleine Szenen inszeniert werden, bei denen Menschen verschiedenen Alters und Geschlechts – vom Kind über den Geschäftsmann bis zur älteren Dame oder zum älteren Herrn – in den Laden kommen, um nach Büchern zu bestimmten Themen zu fragen, antwortet der Buchhändler jedes Mal: „Und ob! Die haben wir!“ und legt sofort eine Auswahl von einigen Büchern auf den Ladentisch. Die Buchhandlung der Wünsche scheint also keine Wünsche offen zu lassen.

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Aus dem Lyrikkabinett: „permafrost“ von Arne Rautenberg

Arne Rautenberg (Copyright: Birgit Rautenberg)

Arne Rautenberg, 1967 in Kiel geboren, lebt seit 2000 als freier Schriftsteller und Künstler in seiner Geburtsstadt. Er schreibt Gedichte, Essays, Kurzgeschichten, Romane und arbeitet für das Feuilleton. Sein literarisches Hauptbetätigungsfeld ist die Lyrik. Viele seiner Gedichte wurden in Schulbücher aufgenommen.

„permafrost“ ist ein Lyrikband, der sich irgendwo zwischen Alltäglichem, Naturbeobachtung, Abgesang auf das Religiöse und Technikkritik verortet. Der Titel „permafrost“ lässt unvermittelt an den Klimawandel denken, tauen die Permafrostböden durch die Erderwärmung doch immer häufiger auf.

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„Ausnahmezustand“ von James Sturm

James Sturm, 1965 in New York geboren, hat mit „Ausnahmezustand“ (im Original: „Off Season“) eine Graphic Novel über die persönliche Seite des Wahljahres 2016 in den USA vorgelegt. Der Comic folgt dem Schicksal des Protagonisten Mark, der gerade eine heftige private Krise durchlebt – analog zu der Krise des Landes, welches dabei ist, Donald Trump zu seinem Präsidenten zu machen.

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Im Gespräch mit unabhängigen Buchhändler*innen zur WUB: „Wir sind Kulturtankstellen“

Vom 31.Oktober bis 7. November 2020 findet die Woche der unabhängigen Buchhandlungen (WUB) statt – eine Woche nur für die die Buchhändlerinnen und -händler, die sich das ganze Jahr über vor Ort für das Buch stark machen. Inhabergeführte Buchhandlungen haben in Deutschland eine lange Tradition. Mit ihrer Arbeit leisten die Indie-Buchhandlungen einen wichtigen Beitrag zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben ihrer Stadt und der Region.

Banner „Ich lese unabhängig“

Seit 2014 zeigen sich die unabhängigen Buchhandlungen eine Woche lang im November von ihrer schönsten Seite, führen Aktionen durch und krönen das Lieblingsbuch der Unabhängigen. Über 700 unabhängige Buchhandlungen („Indies“) in ganz Deutschland nehmen an der Initiative teil. Wir haben aus diesem Anlass einige Inhaberinnen und Inhabern interviewt.

Buchhandlung Bücherwurm, Zerzabelshof (Zabo), Nürnberg

Copyright: Manuela Mankus

Der-Leser.net: Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Inhaberin Manuela Mankus: Die unabhängigen Buchhandlungen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie ein Sortiment haben, welches sie selbst bestimmen und sehr vieles davon selbst gelesen haben! Sie können ihre Leserschaft sehr gut beraten, weil man miteinander ins Gespräch kommt und dabei viele Dinge abklären kann, was der-/diejenige sich für ein Buch kaufen möchte. Man kann viel aktiver sein mit Veranstaltungen vor Ort, Kooperationen mit anderen Kulturaktivisten, Kitas, Schulen etc. Man kann Veranstaltungen ausprobieren, die so vielleicht nicht in den klassischen Buchhandel hineinpassen würden (Hormon- Gesundheitsvorträge, Nacht der Philosophie etc.).

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Sie sind auf alle Fälle viel flexibler, weil sie direkt entscheiden können. Wir haben z.B. beim Lockdown nebenan beim Dönerladen eine Abholstation gemacht, damit die Kunden an ihre bestellte Waren kommen. Das ging von heute auf morgen ganz spontan und die Menschen vor Ort waren dankbar dafür!

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Uns zeichnet vor allem das Persönliche aus, der Humor, das Gespräch, was wir immer wieder mit den Kunden suchen. Wir kennen durch 23 Jahre Kundenbindung ganz viele Kunden, weswegen wir gute Buchtipps als Geschenke geben können, wenn z.B. Frau Meier ein Buch für Frau Müller sucht, da wir Frau Müller eben gut kennen. Und das Persönliche liegt uns auch am Herzen.
Genauso liegt uns die Leseförderung in Kitas und Schulen am Herzen. Wir laden immer wieder Schulklassen ein in den Laden, gehen in Kitas mit Buchvorstellungen und haben selbst Kreatives Schreiben für Kinder ab der 3. Klasse sowie Kinderlesungen im Angebot bei uns im Bücherwurm. Auch die Kultur vor Ort in den Stadtteil zu bringen ist uns sehr wichtig, damit die Menschen vor Ort einfach nur ein paar Straßen gehen müssen, um einen schönen Abend zu haben.

Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

„Wo geht’s denn hier zum Glück“ von Maike van den Boom, Fischer Verlag. Das ist genau das Buch für diese triste Jahreszeit, und es setzt einen Gegenpol zu Corona, weil es einem schon beim Lesen gut tut. Die Rückmeldungen und Verkäufe sprechen dafür, denn es wird dann auch verschenkt, sobald man es gelesen hat.

Wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Ich bin bisher bestens durch die Krise gekommen, da ich zu den Gewinnern gehöre. Denn seit Corona lesen die Menschen viel mehr (weil alle kulturellen Veranstaltungen weg fallen) und die Kinder und Jugendlichen brauchen auch eine Beschäftigung, um nicht nur vor den technischen Geräten zu hängen.

Buchhandlung Bücherwurm, Waldluststraße 78, 90480 Nürnberg
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9:00 bis 13:30 Uhr und 15:00 bis 18:30 Uhr; Samstag: 9:00 bis 13:00 Uhr
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Buchhandlung Pelzner, Nürnberg-Eibach

Copyright: Buchhandlung Pelzner

Der-Leser.net: Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Doris Höreth, Inhaberin mit Thomas Höreth: Wir haben in den letzten Jahren viele Aktionen gemacht. Unter anderem haben wir die fünf ausgewählten Titel, die Liehlingsbücher der unabhängigen Buchhandlungen, einzeln vorgestellt wie das literarische Quartett. Die Kunden konnten kommen und sich das anhören. Es gab die WUB-Tüten und Anstecker. Den Kunden wurden Tee, Scones und Shortbread angeboten. Aber das geht heuer alles wegen Corona nicht. Trotzdem haben wir ein Schaufenster zu den Indie-Büchern eingerichtet. Vor der Buchhandlung wird es in diesem Jahr eine Marktbude geben, wo die bestellten Bücher eingepackt werden. Aber Teatime kann es dieses Jahr nicht geben. Autoren konnten dieses Jahr leider auch nicht kommen.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Wir empfinden uns als Kulturtankstellen in unserer Gegend. Jetzt, wo die Theater und Kinos geschlossen sind, kommen die Leute zu uns. Literatur geht einfach immer. Buchhandlungen und Bibliotheken sind momentan kulturelle Tankstellen. Unsere Kunden, die wir gut kennen, bekommen bei uns Lesungen, einen Lesekreis und Veranstaltungen zur Leseförderung.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Wir können besser beraten und kennen die Kunden besser. Außerdem können wir unsere persönlichen Leidenschaften besser austoben. Jeder unserer Buchhändler kennt sich in einem Bereich besonders gut aus. Wir können besonders gut einzelne Nischen besetzen und individuell beraten.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Uns liegen die individuelle Beratung sowie die Leseförderung besonders am Herzen. Meine persönliche Leidenschaft ist das Kinderbuch. Außerdem versuchen wir eine Anlaufstelle für die Kultur in unserem Stadtteil zu sein.

Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Mein Lieblingsbuch momentan steht auf der Shortlist der unabhängigen Buchhandlungen: „Die Unschärfe der Welt“ von Iris Wolff. Ansonsten mag ich sehr gerne „Die heilige Henni der Hinterhöfe“, außerdem zurzeit „Hamster im hinteren Stromgebiet“ von Joachim Meyerhoff. Meine absolute Leidenschaft gehört „Dachs und Stinktier“, einem Kinderbuch aus dem cbj Verlag mit großartigen Illustrationen von Jon Klassen.

Wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Wir sind sehr gut durch die Coronazeit gekommen. Uns geht es wahrscheinlich wie vielen unabhängigen Buchhändlern. Wir konnten unsere Kunden gut bedienen, indem wir alles ausgeliefert haben. Wir haben Bestellungen über Whatsapp und übers Internet angekommen. Wir hatten einen Fahrradkurier und haben in den letzten Monaten Umsatzplus gemacht. Unsere Kunden waren unglaublich solidarisch. Wir profitieren davon, dass das Buch eines der wenigen kulturellen Angebote momentan ist. Wir haben aber auch einen Teil gespendet und an den Stadtteil zurückgegeben.

Buchhandlung Pelzner, Eibacher Hauptstraße 50, 90451 Nürnberg
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9:00 bis 18:00 Uhr; Samstag: 9:00 bis 13:00 Uhr
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Autorenbuchhandlung, München

Copyright: Autorenbuchhandlung

Der-Leser.net: Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Inhaberin Karin Staisch: Wir machen gerne Lesungen oder ein Schaufenster mit Büchern von besonderen Verlagen und kleinen Indie-Verlagen. Diesmal können wir aber wegen der Corona-Krise leider keine Lesungen veranstalten.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Die unabhängigen Buchhandlungen haben den Vorteil, dass sie eine individuelle Buchauswahl treffen können, nach den Vorlieben der Inhaber und auf die Kunden zugeschnitten. In unabhängigen Buchhandlungen werden häufiger Bücher jenseits des Mainstreams angeboten und verkauft. Die Kunden machen dort Entdeckungen, die sie woanders nicht finden können.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Unabhängige Buchhandlungen sind flexibler, freier, können auf tagesaktuelle Geschehnisse reagieren, müssen keine Vorgaben einer Kette erfüllen und weniger Kompromisse machen.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Die Autorenbuchhandlung in München hat eine lange Geschichte und sehr viele Stammkunden. Wir kennen die meisten von Ihnen mit Namen, alle werden sehr individuell bedient und beraten. Wir machen Lesungen und haben einen Jugendlese-Club.
Unser Sortiment ist auf gute Belletristik spezialisiert, anspruchsvolle Kinder- und Jugendbücher, Lyrik und Politik, Philosophie und wichtige Sachbücher zu Natur, Umwelt, Zeitgeschehen.
Wir haben keine Ratgeber, keine Unterhaltung, nur sehr wenige Krimis.
Es liegt mir sehr am Herzen, alle meine Kunden fundiert und ausführlich zu beraten und diese kleine Buchhandlung als Begegnungsstätte und analogen Ort am Leben zu erhalten, angefüllt mit Büchern, die es verdient haben, gelesen zu werden.

Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Aktuell empfehlen wir zum Beispiel: Iris Wolff: „Die Unschärfe der Welt“, Pierre Jaravan: „Ein Lied für die Vermissten“, James Baldwin: „Giovannis  Zimmer“, Lea Singer: „La Fenice“, Lori Gottlieb: „Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden“.

Wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Durch die Corona Krise sind wir bisher gut gekommen, dank unserer treuen Stammkunden. Wir haben im Lockdown sehr viele Bestellungen bekommen, die mit dem Fahrrad ausgeliefert wurden. Aber auch seit Ende April ist der Umsatz besser als gewöhnlich.

Autorenbuchhandlung, Wilhelmstraße 41, 80801 München
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9:00 bis 19:00 Uhr; Samstag: 10:00 bis 14:00 Uhr
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Gostenhofer Buchhandlung, Nürnberg Gostenhof

Copyright: Gostenhofer Buchhandlung

Der-Leser.net: Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Inhaberin Rosemarie Reif-Ruppert: Lesungen und Buchvorstellungen sind heuer wegen Corona ja nicht gut möglich, deshalb verzichten wir darauf und konzentrieren uns auf individuelle Gespräche mit unseren Kunden. Dazu gibt es ein kleines Give-Away.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Damit die Vielfalt des Buches erhalten bleibt und Leser sich ortsnah und gut beraten mit Büchern versorgen können. Damit eine wichtige Stütze unserer Lese- und Schreibkultur und die unterschiedlichsten kulturellen Angebote auch weiterhin verfügbar bleiben.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Die unabhängigen Buchhandlungen haben den Vorteil, dass sie sich schnell anpassen können. Zum Beispiel können sie ihre Buchhandlung von einem Tag auf den anderen in eine Versandbuchhandlung umwandeln. Außerdem sind sie nah beim Leser, sodass eine punktgenaue Beratung möglich ist. Sie sehen den Kunden als Ganzes, nicht nur als Käufer. Die unabhängigen Buchhandlungen können außerdem eigene Bestseller kreieren, abseits der bekannten Bestseller-Listen. Sie können kreative Ideen für Marketing, Veranstaltungen und Kundenbindung umsetzen.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Unsere Kunden sollen Entdeckungen machen können, deshalb gibt es hier nicht (nur) Mainstream, sondern vor allem ausgesuchte Literatur auch kleiner Verlage und Backlist, d.h. „alte“, aber bewährte Titel. Wir führen unsere Kunden gerne durch den inzwischen unübersichtlichen Dschungel an Neuerscheinungen und finden für jeden das richtige Buch.

Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Balzano, „Ich bleibe hier“
Harper, „Fatum“
Caminito, „Ein Tag wird kommen“
Tuil, „Menschliche Dinge“
Andina, „Tage mit Felice“
Kvinikadse, „Die Nachtigallen von Isfahan“
Wilkinson, „American Spy“
Camus, „Hochzeit des Lichts“
Jarawan, „Ein Lied für die Vermissten“
Disher, „Hope Hill Drive“ und vieles, vieles mehr.

Wie  sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Dank unserer sehr treuen Kunden sind wir einigermaßen gut durch die Zeit gekommen, obwohl durch Corona jede Menge Büchertische und Veranstaltungen weggebrochen sind.

Gostenhofer Buchhandlung, Eberhardshofstraße 17, 90429 Nürnberg
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9:00 bis 18:00 Uhr; Samstag: 9:00 bis 13:00 Uhr
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Neue Collibri Buchhandlung, Bamberg

Copyright: Neue Collibri Buchhandlung

Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Inhaber Thomas Zölch-Buba: Dieses Jahr haben wir leider keine Aktion geplant. eigentlich wollten wir unsere Aktion von 2019 wiederholen: Zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen sind namhafte Kinder- und Jugendbuch-AutorenInnen aus Bamberg und Umgebung zu Gast im Collibri. Sie übernehmen an diesem Tag in unserer Buchhandlungen die Geschicke: Sie signieren ihre Bücher, geben Buchtipps, empfehlen Bücher der Kollegen*innen, verpacken diese als Geschenk und machen die Buchhandlung an diesem Samstag zu ihrem Lieblingsort.
Sie erzählen, welche Bücher sie besonders inspiriert haben und wie wichtig der Algorithmus der unabhängigen Buchhandlungen ist.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?
Weil die Buchhandelslandschaft sonst eintönig und langweilig wäre. Je mehr Buchhandlungen unabhängig sind, umso individueller ist die Buchhandelslandschaft. Damit hat jeder Kunde die Möglichkeit eine Buchhandlung, die zu seinen Bedürfnissen passt, zu finden.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?
Sie können besser Kundenbindungen aufbauen und pflegen und auf Kundenbedürfnisse individuell eingehen. Das ist unser Vorteil. Das hat sích besonders in der ersten Lockdown-Periode gezeigt.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Wir sind eine unabhängige, inhabergeführte Buchhandlung in Bamberg und führen ein allgemeines Sortiment mit zeitgenössischer Literatur für Erwachsene, Kinder und Jugendliche und alle, die gute Literatur zu schätzen wissen.
Aus der großen Fülle der veröffentlichten Bücher versuchen wir, die interessantesten Werke für Sie auszuwählen: Titel, die uns durch ihren Inhalt, gestalterische und herstellerische Qualität überzeugen, finden bei uns eine Heimat.

 Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Da hat jede/r KollegIn seine eigenen Favoriten, die wir auch gezielt im Laden präsentieren. Ein aktueller Buchtipp von mir: „Amigorena, Kein Ort ist fern genug“ aus dem Aufbau-Verlag

Wie  sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Bis jetzt, muss ich sagen, sind wir sehr gut durch diese Krise gekommen.

Collibri Buchhandlung, Austraße 12, 96047 Bamberg
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 10:00 bis 18 Uhr; Samstag: 10:00 bis 16 Uhr
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Buchhandlung Lentner, Marienplatz, München

Jürgen Habermas in der philosophsichen Abteilung der Buchhandlung Lentner (Copyright: Buchhandlung Lentner)

Der-Lesern.net: Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Geschäftsführer Franz Klug: Wir stellen einen unabhängigen Verlag vor und werben mit dem Material von der WUB.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Damit Vielfalt und Pluralität in der Buchlandschaft erhalten bleiben und nicht nur Spiegelbestsellerlisten verkauft werden.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Sie können besser beraten und auf wunderbare Buchperlen auch jenseits des Mainstreams hinweisen.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Wir zeichnen uns durch unser Liebe zum besonderen Buch, auch in der Ausstattung,  aus. Besonders freuen wir uns, dass unsere feine Philsophie-, Lyrik- und Klassikabteilung sehr gut angenommen wird.

 Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Romane: Vilas Manuel, „Reise nach Ordesa“; Schäfer Andreas, „Das Gartenzimmer“; Köpf Gerhard, „Palmengrenzen“.
Biographie: Wendt Gunna, „Henrik Ibsen und die Frauen“; Ostritsch Sebastian, „Hegel“.   
Lyrik: Celan Paul, „Gedichte“.
Sachbücher: Michael Eskin, „Schwerer werden leichter sein“; Jürgen Habermas, „Auch eine Geschichte der Philosophie“; Rancière Jacques, „In welchen Zeiten leben wir?“.

Wie  sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Wir schaffen das. Dank unserer Stammkunden.

Buchhandlung Lentner, Marienplatz 8, 80331 München
Öffnungszeiten: Montag: 10:00 bis 19:00 Uhr; Dienstag: 10:00 bis 20:00 Uhr; Mittwoch bis Freitag: 10:00 bis 19:00 Uhr; Samstag: 10:00 bis 18:00 Uhr
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BücherInsel in Frauenaurach, Erlangen

Copyright: BücherInsel Frauenaurach

Der-Leser.net: Welche Aktionen machen Sie zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen?

Inhaberin Beate Laufer-Johannes: Normalerweise findet in der Buchhandlung eine kostenlose Autorenlesung mit einem oder mehreren örtlichen Autoren statt. In den letzten Jahren waren in dieser Zeit bei uns Tommie Goerz, Johannes Wilkes und Katharina Drüppel und Heike Heinlein zu Gast. Dazu gibt es eine leckere kulinarische Besonderheit. In diesem Jahr ist alles anders… Wir werden daher in dieser Woche Buchempfehlungsclips online stellen.

Weshalb brauchen wir die unabhängigen Buchhandlungen heute?

Unabhängige Buchhandlungen stehen für die unendliche Vielfalt im Buchhandel, jede hat ihr eigenes, individuell zusammengestelltes Sortiment, ihre persönlichen Schwerpunkte und kann damit Kunden-Orientierung im Bücherdschungel ermöglichen, abseits der Bestsellerlisten.

Was können die unabhängigen Buchhandlungen besser als die großen Ketten und der Onlinehandel?

Wir können viel rascher auf Veränderungen reagieren, sind oftmals sehr viel flexibler. Innovative Ansätze können schnell umgesetzt werden.

Wodurch zeichnet sich Ihre Buchhandlung besonders aus? Was liegt Ihnen am Herzen?

Meine Buchhandlung ist sehr stark im Vorort Frauenaurach verankert, aber wir haben auch viele Stammkunden aus anderen Stadtteilen. Diese schätzen die familiäre Atmosphäre und unsere persönlichen Buchempfehlungen. Mir liegt besonders am Herzen, Bücherperlen zu entdecken, abseits des Mainstream. Dabei kommt mir zugute, dass meine Mitarbeiter und ich sehr unterschiedliche Genres lesen. Das bereichert unser Sortiment ungemein.

Welches Buch oder welche Bücher empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell?

Mein absolutes Lieblingsbuch in diesem Jahr ist „Marianengraben“ von Jasmin Schreiber, ein Buch, dessen Start durch den Lockdown im März überlagert wurde: Paula trauert um ihren kleinen Bruder, der vor zwei Jahren ertrunken ist, und kommt aus diesem Marianengraben der Trauer nicht heraus. Bis sie nachts auf dem Friedhof dem alten Helmut begegnet, der gerade dabei ist, die Urne von Helga auszugraben, um sie mit in die Berge zu nehmen. Paula fährt kurzerhand mit in einem alten Wohnmobil, mitsamt Helgas Schäferhund und einem unterwegs aufgelesenen Huhn mit gebrochenem Bein. Was für ein unglaubliches Buch! Ich habe mit Paula mitgefühlt, geweint, aber auch herzhaft gelacht über die Situationskomik, ein Roman, der mich sehr berührt hat.

Wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

Wir haben die Krise bisher gut überstanden, haben allerdings den ersten Lockdown ohne Mitarbeiterinnen durchgearbeitet. Lediglich mein Mann und ich haben alle Bestellungen durchgeführt, Rechnungen geschrieben und größtenteils mit Fahrrad und Dreirad ausgeliefert. Jetzt haben wir ein gut durchdachtes Hygienekonzept, so dass wir wieder mit mehreren Personen zusammenarbeiten können, das erleichtert vieles.

BücherInsel in Frauenaurach, Wallenrodstraße 1, 91056 Erlangen
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 9:00 bis 13:00 Uhr und 14:30 bis 18:00 Uhr; Samstag: 9:00 bis 13:00 Uhr
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Nach diesen Gesprächen über den Buchhandel und zur Woche der unabhängigen Buchhandlungen geht es zum Abschluss noch um das Buch selbst:

Die Shortlist der unabhängigen Buchhandlungen

Abschließend sollen noch die fünf Bücher vorgestellt werden, die auf der Shortlist der unabhängigen Buchhandlungen 2020 stehen. Am Samstag, den 7. November, wird das Lieblingsbuch der Unabhängigen in einem Livestream verkündet. Die Online-Preisverleihung kann über die Social-Media-Kanäle der WUB ab 11 Uhr live mitverfolgt werden.

Marco Balzano: Ich bleibe hier.

Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Von 1939 bis 1943 werden die Leute vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Diogenes Verlag. 288 Seiten. 22 €

Charlotte McConaghy: Zugvögel.

Franny hat ihr ganzes Leben am Meer verbracht, die wilden Strömungen und gefiederten Gefährten den Menschen vorgezogen. Als die Vögel zu verschwinden beginnen, beschließt die Ornithologin den letzten Küstenseeschwalben zu folgen. Inmitten der exzentrischen Crew eines der letzten Fischerboote macht sie sich auf den Weg in die Antarktis. Schutzlos ist die junge Frau den Naturgewalten des Atlantiks ausgeliefert, allein die Vögel sind ihr Kompass. Doch wohin die Tiere sie auch führen, vor ihrer Vergangenheit kann Franny nicht fliehen. Ihr folgt das Geheimnis eines Verbrechens, die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe. Und schon bald entwickelt sich die Reise zu einem lebensbedrohlichen Abenteuer.

Aus dem Englischen von Tanja Handels. S. Fischer Verlag. 400 Seiten. 22 €

Benjamin Myers: Offene See.

Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen.

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel. DuMont Verlag. 270 Seiten. 20 €

Jasmin Schreiber: Marianengraben.

Paula braucht nicht viel zum Leben: ihre Wohnung, ein bisschen Geld für Essen und ihren kleinen Bruder Tim, den sie mehr liebt als alles auf der Welt. Doch dann geschieht ein schrecklicher Unfall, der sie in eine tiefe Depression stürzt. Erst die Begegnung mit Helmut, einem schrulligen alten Herrn, erweckt wieder Lebenswillen in ihr. Und schließlich begibt Paula sich zusammen mit Helmut auf eine abenteuerliche Reise, die sie beide zu sich selbst zurückbringt – auf die eine oder andere Weise.

Eichborn Verlag. 256 Seiten. 20 €

Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt.

Ein Roman über Menschen aus vier Generationen, der auf berückend poetische Weise Verlust und Neuanfang miteinander in Beziehung setzt. Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In »Die Unschärfe der Welt« verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zubewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben.

Klett-Cotta Verlag. 216 Seiten. 20 €

Viel Freude mit euren eigenen Unterhaltungen mit euren Buchhändler*innen vor Ort und mit eurer aktuellen Lektüre! Vielleicht habt ihr ja die ein oder andere Empfehlung aus dem Artikel mitgenommen.

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Die USA unter Trump: 12 Bücher zur Lage in den USA

Am 3. November finden die US-Präsidentschaftswahlen statt. Die Entscheidung fällt zwischen dem aktuellen republikanischen Amtsinhaber Trump und dem demokratischen Herausforderer Joe Biden. Joe Biden liegt in den Umfragen teils deutlich vorn. Das gilt sowohl für die landesweiten Umfragen als auch für den umkämpften Swing-State Florida. Sollte Biden Florida gewinnen, ist ihm der Sieg wohl kaum noch zu nehmen. Doch auch Hillary Clinton hatte bei den letzten US-Wahlen einen Vorsprung in den Umfragen.

Eine wichtige Frage ist auch, wie Trump auf eine mögliche Wahlniederlage reagieren wird. Der Präsident – so muss man ihn leider nennen – hat in den Wochen und Monaten des Wahlkampfs immer wieder seine Zweifel am Wahlprozess geäußert. Er sagte, die Briefwahl diene dazu, einen großen Wahlbetrug einzuleiten. Für den entscheidenden Battleground-State Pennsylvania, den Trump braucht, um die Mehrheit im Wahlmännerkolleg zu bekommen, hat Trump angekündigt, dass seine Anwälte übernehmen werden, „sobald diese Wahl durch ist“.

Donald Trump, offizielles Protrait des Präsidenten, 2017. (Bild: Shealah Craighead)
Offizielles Portrait des Vizepräsidenten Joe Biden, 2013. (Bild: David Lienemann)



Mit den ersten Hochrechnungen kann man bei dieser Wahl in Deutschland erst am Morgen des 4. November rechnen. Bei den früheren Wahlen stand der Wahlsieger noch in der Wahlnacht fest. Das könnte dieses Jahr anders kommen, da wegen der Coronapandemie deutlich mehr Menschen per Briefwahl abgestimmt haben. Daher wird sich die Auszählung wohl hinziehen – um einige Tage oder länger.

Diese Zeit können wir nutzen, indem wir uns über die politische und gesellschaftliche Lage in den USA mit einem gut geschriebenen Sachbuch oder einem Essayband informieren. Aus diesem Grund stelle ich euch anlässlich der Präsidentschaftswahl zwölf interessante und thematisch passende Bücher vor.

Mary L. Trump: Zu viel und nie genug. Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf.

Mary L. Trump, Nichte des US-Präsidenten und promovierte klinische Psychologin, enthüllt die dunkle Seite der Familie Trump. Einen Großteil ihrer Kindheit verbrachte Mary im Hause ihrer Großeltern in New York, wo auch Donald und seine vier Geschwister aufwuchsen. Sie schildert, wie Donald Trump in einer Atmosphäre heranwuchs, die ihn für sein Leben zeichnete und ihn letztlich zu einer Bedrohung für das Wohlergehen und die Sicherheit der ganzen Welt machte.
Als einziges Familienmitglied ist Mary Trump dazu bereit, aus eigener Anschauung die Wahrheit über eine der mächtigsten Familien der Welt zu erzählen. Ihre Insiderperspektive in Verbindung mit ihrer fachlichen Ausbildung ermöglicht einen absolut einmaligen Einblick in die Psyche des unberechenbarsten Mannes, der je an der Spitze einer Weltmacht stand.

Aus dem Englischen von Christiane Bernhardt, Pieke Biermann u. a. Heyne Verlag. 288 Seiten. 22 €

Richard Russo: Sh*tshow. Erzählung.

David und Ellie, zwei gutsituierte, in der Großstadt lebende, pensionierte Akademiker sind zufrieden mit ihrem Leben. Bis zu dem Tag, an dem Donald Trump zum Präsidenten gewählt wird. Plötzlich wird ihnen alles fremd: ihr Land, ihr Leben, sie sich selbst. Ihre Tochter, die längst im liberalen Kalifornien lebt, kann ihnen nicht helfen. Und dann ist da noch dieser Freund, von dem sie glauben, dass er nur so tut, als hätte er Hillary gewählt …
Spätestens als Ellie eines Tages Fäkalien im eigenen Pool entdeckt, findet die „Sh*tshow“ nicht mehr nur im metaphorischen Sinne statt. Aber dieser spektakulär niederträchtige Akt des Vandalismus ist nur das erste in einer Kette politischer und privater Ereignisse, die sich verheerend auf die eigentlich so behagliche Existenz des Paares auswirken.

Aus dem Englischen von Monika Köpfer. DuMont Verlag. 80 Seiten. 10 €

John Bolton: Der Raum, in dem alles geschah. Aufzeichnungen des ehemaligen Sicherheitsberaters im Weißen Haus.

John Bolton diente 519 Tage als Sicherheitsberater unter Donald Trump, zumeist „in dem Raum, in dem alles geschah“. Mit beinahe täglichen Treffen zählte er zu den engsten Vertrauten des US-Präsidenten. Doch was er da sah, überraschte ihn. Er musste erfahren, dass es Trump gar nicht um das Wohl der Nation geht, sondern immer nur um Selbstinszenierung und darum, mit allen Mitteln wiedergewählt zu werden.
In seinem Buch berichtet Bolton aus erster Hand über Trumps Verfehlungen, seine rechtswidrigen Aussagen und Handlungen. Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten verfügt über exklusives Detailwissen und Insiderinformationen bezüglich der Machenschaften des mächtigsten Mannes der Welt.

Aus dem Englischen von Shaya Zarrin und Patrick Baumgärtel. Das Neue Berlin. 640 Seiten. 28 €

Bob Woodward: Wut.

Trump im Visier der Journalistenlegende Bob Woodward: Ein Präsident zwischen Corona und Wirtschaftskrise, zwischen unbeirrbaren Anhängern und neuem Widerstand

Donald Trump hat die USA in eine tiefe Krise geführt. Die Corona-Pandemie, deren Gefahr er bewusst runterspielte, legt offen, welche Wunden seine Präsidentschaft gerissen hat. Nun stehen Gesundheitssystem und Wirtschaft am Rande des Zusammenbruchs. Wie reagiert der US-Präsident auf die Krise? Bob Woodward hat in den vergangenen Monaten 18 Interviews mit dem Präsidenten geführt, mit Mitarbeitern und Opponenten gesprochen, Mails, Tagebücher und vertrauliche Briefe ausgewertet, um das Portrait eines Mannes zu zeichnen, der zwischen Verdrängung, Angriff und Momenten des Zweifels schwankt. Eine bahnbrechende, scharfsichtige, intime Reportage: das bleibende Buch über Trumps Präsidentschaft.

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner-Shane, Thomas Gunkel u. a. Hanser Verlag. 550 Seiten. 24 €

Elmar Thevessen: Die Zerstörung Amerikas: Wie Donald Trump sein Land und die Welt für immer verändert.

Donald Trump ist der Präsident der mächtigsten Nation der Erde. Er kommandiert nicht nur die schlagkräftigsten Streitkräfte auf dem Globus, sondern steht auch an der Spitze der nach wie vor stärksten Wirtschaftsmacht. Seine Entscheidungen beeinflussen Hunderte Millionen Menschen in aller Welt, es geht um Krieg und Frieden, Leben und Tod.
Doch wie hat Trumps Präsidentschaft Amerika, die Amerikaner und die Position ihres Landes in der Welt verändert? Welche dramatischen und vielleicht unumkehrbaren Auswirkungen hat die Amtszeit eines bösartigen Narzissten, der – selbst in der größten Krise des Landes seit vielen Jahrzehnten – immer nur auf den besten Deal für sich selbst aus ist und Menschenverachtung zum politischen Prinzip erklärt?
Dieses Buch basiert auf umfangreichen Recherchen und intensiven Gesprächen mit führenden Politikern, hochrangigen Militärs, einflussreichen Wirtschaftsmanagern und herausragenden amerikanischen Journalisten. Es bietet die scharfe Analyse eines Amerikas, das nie mehr so sein wird, wie es einmal war, und zeigt, was das für uns bedeutet.

Piper Verlag. 320 Seiten. 22 €

Evan Osnos: Joe Biden: Ein Portrait.

Der Journalist Evan Osnos begleitet den Kandidaten der Demokratischen Partei seit Jahren und hat ihn immer wieder interviewt, zuletzt im Sommer 2020. Diese und weitere Gespräche mit Angehörigen und Weggefährten wie Barack Obama bilden die Grundlage dieser Nahaufnahme des 1942 geborenen Biden, in dessen Werdegang sich die Veränderungen der politischen Kultur der USA spiegeln.
Mit gerade einmal 29 Jahren wurde der Sohn eines Autohändlers in den US-Senat gewählt. Seinen Amtseid legte er ab, nachdem er nur wenige Wochen zuvor seine erste Frau und seine Tochter bei einem Autounfall verloren hatte. Nach Höhen und Tiefen führte ihn seine Karriere schließlich als Vizepräsident ins Weiße Haus. Joe Biden hat dramatische Schicksalsschläge und überraschende Wendungen erlebt. Vielleicht versetzt ihn gerade das in die Lage, eine zerrissene Nation zu einen, die Wunden der Trump-Ära zu heilen und einen neuen politischen Aufbruch zu ermöglichen.

Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff und Stephan Gebauer. Suhrkamp Verlag. 263 Seiten. 18,95 €

Stephan Bierling: America First. Donald Trump im Weißen Haus: Eine Bilanz.

Donald Trump vereinigt ein beachtliches Bündel von „Firsts“ in seiner Amtszeit. Er ist der erste Präsident der USA, der zuvor noch nie eine Funktion in Politik oder Militär innehatte. Er ist der älteste jemals neugewählte Präsident und der erste Milliardär im Weißen Haus. Er hat mehr Minister und Berater entlassen als jeder seiner Vorgänger. Und er ist der erste Präsident, der nach einem überstandenen Impeachment-Verfahren eine zweite Amtszeit anstrebt. Ein Star des Reality-TV hält im Weißen Haus die Hebel der Macht in seiner Hand. Stephan Bierling zeigt in seinem informativen Buch sachlich und mit klarem Urteil, welche erschreckenden Resultate diese Präsidentschaft hervorgebracht hat.

C.H. Beck Verlag. 271 Seiten. 16,95 €

Klaus Brinbäumer/Stephan Lamby: Im Wahn: Die amerikanische Katastrophe.

Nach vier Jahren einer fatalen Präsidentschaft sind die USA eine wütende, nur noch im Hass vereinte Nation – und erleben in der gegenwärtigen Weltkrise eine multiple Katastrophe. Der ehemalige Chefredakteur des SPIEGEL Klaus Brinkbäumer und der preisgekrönte Dokumentarfilmer Stephan Lamby berichten von den zahlreichen Fronten. Ihr Buch ist eine investigative Reportage über ein zerfallendes Land, das seinen Kompass und seine Wahrheiten verloren hat.

C.H. Beck Verlag. 391 Seiten. 22,95 €

Eliot Weinberger: Neulich in Amerika.

Eliot Weinberger ist nicht nur einer der origi­nellsten Essayisten, er ist auch einer der schärfsten politischen Kommentatoren der USA. In seinen Texten über die Politik unter den Regierungen Bush und Trump lässt er Fakten sprechen: Nachrichtendetails, Aus­sagen von Politikern, die den Wahnsinn, der in den USA zum Alltag geworden ist, in all seinen bizarren Auswüchsen präsentieren. Nichts fehlt: der Irakkrieg, fromm homophobe und rassistische Republikaner, Konzentrations­lager für geflüchtete Kinder, nicht zu vergessen Donald Trumps Empfehlungen zum Umgang mit einem Virus. Weinbergers Chroniken aus dem republikanischen Amerika sind erschütternde Bilder einer verstörten Gesellschaft.

Aus dem Englischen übersetzt und herausgegeben von Beatrice Faßbender. Berenberg Verlag. 272 Seiten. 16 €

Rebecca Solnit: Die Dinge beim Namen nennen. Essays.

Spätestens seit dem Wahlerfolg Donald Trumps erhalten wir tagtäglich Beispiele dafür, wie gespalten das Land ist und welch tiefe Gräben Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Gentrifizierung, Klassen- und eine verfehlte Umweltpolitik in die Gesellschaft schlagen. Ob die Anfeindungen Hillary Clintons im Wahlkampf, tödliche Polizeieinsätze, unterdrückte Wählerstimmen, das unsolidarische Ideal des Selfmademans oder die Leugnung des Klimawandels – in aller Deutlichkeit benennt Rebecca Solnit himmelschreiende Missstände des heutigen Amerika. Zugleich erteilt sie der Resignation eine klare Absage und ruft zum Glauben an die eigene Macht und zum Handeln auf, denn: „Hoffnung ist der Glaube daran, dass das, was wir tun, möglicherweise von Belang ist. Das Wissen, dass die Zukunft jetzt noch nicht geschrieben ist.“

Aus dem Englischen von Kirsten Riesselmann und Bettina Münch. Hoffmann und Campe Verlag. 320 Seiten. 22 €

Torben Lutjen: Amerika im Kalten Bürgerkrieg. Wie ein Land seine Mitte verliert.

Einst galten die USA als Musterbeispiel eines stabilen demokratischen Staates. Mit den Republikanern und den Demokraten gab es zwei unideologische Parteien mit moderaten Politikern. Heute gibt es Donald Trump. Warum wurde Trump gewählt? Was sind die Gründe für die tiefe Spaltung des Landes, das früher einmal als Heimat des Pragmatismus galt, und das sich, anders als Europa, stets von gefährlichen Utopien ferngehalten hat? Ist Donald Trump die Ursache oder das Symptom?

WBG Theiss. 208 Seiten. 20 €

Susan B. Glasser: Briefe aus Trumps Washington.

In ihren „Briefen aus Trumps Washington“, die Susan B. Glasser seit Ende 2017 aus der amerikanischen Hauptstadt für „The New Yorker“ schreibt, bietet die Journalistin tiefe Einblicke in die „post-faktische“ Trump-Präsidentschaft. Mit besten Verbindungen, großem Insider-Wissen und scharfer Beobachtungsgabe beschreibt sie Trumps immer radikaleren, Gesetze brechenden Kurs, der die Spaltung der US-Gesellschaft vertieft und zur Erosion der amerikanischen Vormachtstellung in der Welt führt.

Herausgegeben von Henning Hoff. Aus dem Englischen von Matthias Hempert. Weltkiosk. 208 Seiten. 20 €

„Der Umfall“ von Mikael Ross

Der Graphic Novel „Der Umfall“ wurde 2020 mit dem Max-und-Moritz-Preis des Erlanger Comic-Salons ausgezeichnet. Mikael Ross hat für den Comic zwei Jahre vor Ort in dem inklusiven Dorf Neuerkerode in Niedersachsen recherchiert, ehe er zur Feder griff. Genau diesem Dorf nähert sich Ross in seiner Graphic Novel auf einfühlsame Weise an, indem er den Alltag der Dorfbewohnerinnen und -bewohner mit Beeinträchtigung in Episoden darstellt, die mal komisch, mal tragisch, mal skurril sind. Die also die ganze Breite des Lebens abbilden.

Im Zentrum des Comic-Bandes steht der Protagonist Noël, der, wie sein Name vermuten lässt, an Weihnachten Geburtstag hat. Eigentlich kommt der junge Mann mit einer geistigen Behinderung aus Berlin. Doch als seine Mutter, liebevoll „Mumsie“ genannt, überraschend einen Schlaganfall hat („Schlag“ oder „Umfall“ genannt) und ins Koma („Koooma“) versetzt werden muss, wird ihm ein Vormund – der „Mann mit Bart“ – zugeteilt, welcher ihn in das Dorf Neuerkerode in Niedersachsen begleitet.

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