Matthias Lachmann, 1987 in Gera geboren, ist ein regional tätiger Lyriker, der sich in seiner Arbeit ganz bewusst auf eine Form besinnt, die in der modernen Lyrik selten geworden ist: das gereimte Gedicht. Nach Sprachcocktail für euch (2019), Lerchengeträller (2023) und Glockenschlag (2024) legt er mit Das Meer trägt seine eigne Melodie seinen vierten Gedichtband vor, erneut erschienen in einer lokalen Druckerei, erneut geprägt von jener ungekünstelten Haltung, die sein Schreiben auszeichnet.
Weiterlesen: Aus dem Lyrikkabinett: „Das Meer trägt seine eigne Melodie“ von Matthias LachmannDer Band zeigt schon im Äußeren, worum es Lachmann geht: Auf dem Umschlag ein Aquarell von Kerstin Schulz, Noten und Wellen, Musik und Natur, sanft ineinanderfließend. Die beiden vorangestellten Zitate von Mark Twain und Konfuzius markieren die Koordinaten seines poetischen Programms: Lebensfreude und Empfindsamkeit, Einfachheit und Einklang.
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. (Mark Twain)
Die Musik zielt darauf hin, das Herz mit edlen Gefühlen zu erfüllen. (Konfuzius)
Lachmann hat arbeit heute nach einer Ausbildung in der Gastronomie in einer Bäckerei, und vielleicht ist es gerade diese Erdung, die seinen Texten ihre Ruhe und Aufrichtigkeit verleiht. Zunächst schrieb er Prosa, ehe er zur Lyrik fand; heute veröffentlicht er jeden Sonntag ein neues Gedicht auf Instagram, oft mit eigener Vertonung.
Seine Verse sind eingängig, rhythmisch, von klarer Struktur. Die Reime wirken nie aufgesetzt, sondern natürlich, fast liedhaft. Lachmanns Gedichte suchen die Nähe zum Alltag, zur Natur, zur Erfahrung des einfachen Glücks. Sie sind getragen von einer freundlichen, manchmal nachdenklichen, oft heiteren Gelassenheit:
Ein paar Leute strahlen mächtig,
sind wie eine Sonnenuhr,
völlig wundervoll und prächtig,
legen flüchtig ihre Spur.
Auch im titelgebenden Gedicht des neuen Bandes verbindet sich Bildhaftigkeit mit musikalischer Bewegung:
Das Meer trägt seine eigne Melodie,
sie variiert im zarten Ton,
sogleich entfaltet sich die Fantasie –
gilt das als Wahrheit oder ist es Illusion?
Man meint, dieses Meer wirklich zu hören, nicht als tosende Naturgewalt, sondern als leises, inneres Rauschen. Selbst wenn Lachmann hier mit Begriffen wie „luzid“ oder „Illusion“ experimentiert, bleibt der Ton warm und zugänglich.
Was man vielleicht zunächst als Bodenständigkeit empfinden könnte, ist in Wahrheit Ausdruck einer bewussten poetischen Haltung. Lachmann knüpft an die Tradition der Volkslieder und Volksgedichte an, ohne sie zu imitieren. Er übersetzt ihre Musikalität in eine zeitgenössische Sprache, die Mut machen, Freude wecken und das Schöne im Alltäglichen sichtbar machen will.
Das Meer trägt seine eigene Melodie ist ein Buch, das seine Stärke nicht aus Experimenten bezieht, sondern aus Beständigkeit. Es erinnert daran, dass auch im Einfachen Tiefe liegen kann und dass Poesie nicht laut und urban sein muss, um nachzuklingen.
Bewertung: 3,5/5
Infos zum Buch:
Matthias Lachmann: Das Meer trägt seine eigne Melodie. Gedichte. Druckerei Hille. Dresden. 2025. (erhältlich direkt beim Autor: @lyriker.matthias.lachmann)
