„Nach der Flut das Feuer“/“The Fire Next Time“ von James Baldwin

In den letzten Jahren erlebte James Baldwin, einer der wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, in Deutschland eine Renaissance: durch die Neuübersetzung seiner Bücher im dtv-Verlag durch Miriam Mandelkow, durch die Dokumentation „I Am Not Your Negro“ und auch durch die Verfilmung „If Beale Street Could Talk“ (nach seinem Roman „Beale Street Blues“). Baldwin war vieles zugleich, Schriftsteller, Romanautor, Dramatiker, Dichter, Essayist und Aktivist in der Bürgerrechtsbewegung.

Sein Essayband „The Fire Next Time“, zu Deutsch „Nach der Flut das Feuer“, erschien in den USA im Jahr 1963. Um dieselbe Zeit wurde er ein bekannter Aktivist für die Rechte schwarzer Amerikaner. Er hatte häufige Fernsehauftritte und hielt Reden vor College-Studierenden. Der Band ist nach dem Spiritual „Mary, Don’t You Weep“ benannt, einem Lied aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, das später zu einer Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde. Darin heißt es: „God gave Noah the rainbow sign, No more water, the fire next time.“ (in einer anderen Version heißt es „but fire next time“)

Die deutsche Ausgabe von „Nach der Flut das Feuer“ umfasst ein Vorwort von Jana Pareigis, einer Fernseh-Journalistin mit polyethnischem Hintergrund, die darin ihre eigenen Erfahrungen mit rassistischen Einstellungen hervorhebt und die Aktualität von Baldwins Ausführungen betont. Außerdem sind die zwei ursprünglichen Essays „Mein Kerker bebte“ (erstmals 1962 als „My Dungeon Shook“ in „The Progressive“ erschienen) und „Vor dem Kreuz“ (erstmals 1962 als „Down at the Cross“ in „The New Yorker“ erschienen) enthalten.

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Interview mit Florence Brokowski-Shekete: „Ich möchte Brücken bauen“

Florence Brokowski-Shekete ist in Hamburg als Kind nigerianischer Eltern geboren, wuchs zunächst in Buxtehude bei einer deutschen Familie in Pflege auf. Mit acht Jahren nahmen ihre Eltern sie mit nach Nigeria, in ein Land, das ihr fremd war. Doch sie kam wieder zurück nach Deutschland, wo sie eine beachtliche Laufbahn durchlief.

Sie legte das 1. und 2. Staatsexamen für Lehramt ab, arbeitete als Lehrerin und freie Beraterin und Coach. 2007 wurde sie Rektorin, 2013 Schulaufsichtsbeamtin, 2014 Schulrätin und 2020 Schulamtsdirektorin. Wir haben mit ihr über ihre Biografie, ihr Buch „Mist, die versteht mich ja“ (Orlanda Verlag, Berlin, 2020) und ihre Erfahrungen als Schwarze Frau in Deutschland, über Diskriminierung und sensible Sprache gesprochen.

Der-Leser.net: Sehr geehrte Frau Brokoswki-Shekete, Sie sind in Deutschland geboren, wuchsen dann in Lagos (Nigeria) auf und kamen zuletzt wieder zurück nach Deutschland. Wie hat diese Erfahrung Sie geprägt?

Florence Brokowski-Shekete: Ich war ja in Buxtehude zunächst das schwarze Kind in der weißen Mehrheitsgesellschaft, dort fühlte ich mich aber trotzdem wohl. Ich war neun, bevor wir nach Nigeria umgezogen sind. In Nigeria sah ich dann zwar genauso aus wie alle, wie die Mehrheitsgesellschaft, aber ich verstand die Sprache nicht und kannte die Kultur nicht. Das hat mir gezeigt, dass es nicht unbedingt mit dem Äußeren zu tun hat, ob man sich an seinem Ort wohl fühlt.

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16 Romane zum Thema Rassismus

Rassismus ist ein Thema, das uns auch heute noch beschäftigt. Und deshalb wird es in der Literatur immer wieder verhandelt, egal ob in Klassikern wie „Wer die Nachtigall stört“, in den Werken der Nobelpreisträgerin Toni Morrison, des amerikanischen Autors James Baldwin oder in aktuellen deutschen Erscheinungen… Wir stellen euch 16 Romane zum Thema Rassismus vor.

Angie Thomas: The Hate U Give.

Die 16-jährige Starr lebt in zwei Welten: in dem verarmten Viertel, in dem sie wohnt, und in der Privatschule, an der sie fast die einzige Schwarze ist. Als Starrs bester Freund Khalil vor ihren Augen von einem Polizisten erschossen wird, rückt sie ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Khalil war unbewaffnet. Bald wird landesweit über seinen Tod berichtet; viele stempeln Khalil als Gangmitglied ab, andere gehen in seinem Namen auf die Straße. Die Polizei und ein Drogenboss setzen Starr und ihre Familie unter Druck. Was geschah an jenem Abend wirklich? Die Einzige, die das beantworten kann, ist Starr. Doch ihre Antwort würde ihr Leben in Gefahr bringen…

Aus dem Englischen von Henriette Zeltner-Shane. ctb Verlag. 528 Seiten. 9,99 €

Colson Whitehead: Die Nickel Boys.

Florida, Anfang der sechziger Jahre. Der sechzehnjährige Elwood lebt mit seiner Großmutter im schwarzen Ghetto von Tallahassee und ist ein Bewunderer Martin Luther Kings. Als er einen Platz am College bekommt, scheint sein Traum von gesellschaftlicher Veränderung in Erfüllung zu gehen. Doch durch einen Zufall gerät er in ein gestohlenes Auto und wird ohne gerechtes Verfahren in die Besserungsanstalt Nickel Academy gesperrt. Dort werden die Jungen missbraucht, gepeinigt und ausgenutzt. Erneut bringt Whitehead den tief verwurzelten Rassismus und das nicht enden wollende Trauma der amerikanischen Geschichte zutage. Sein neuer Roman, der auf einer wahren Geschichte beruht, ist ein Schrei gegen die Ungerechtigkeit.

Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Hanser Verlag. 224 Seiten. 23 €

Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst.

Eine junge Frau besucht ein Theaterstück über die Wende und ist die einzige schwarze Zuschauerin im Publikum. Mit ihrem Freund sitzt sie an einem Badesee in Brandenburg und sieht vier Neonazis kommen. In New York erlebt sie den Wahlsieg Trumps in einem fremden Hotelzimmer. Wütend und leidenschaftlich schaut sie auf unsere sich rasant verändernde Zeit und erzählt dabei auch die Geschichte ihrer Familie: von ihrer Mutter, die Punkerin in der DDR war und nie die Freiheit hatte, von der sie geträumt hat. Von ihrer Großmutter, deren linientreues Leben ihr Wohlstand und Sicherheit brachte. Und von ihrem Zwillingsbruder, der mit siebzehn ums Leben kam. Herzergreifend, vielstimmig und mit Humor schreibt Olivia Wenzel über Herkunft und Verlust, über Lebensfreude und Einsamkeit und über die Rollen, die von der Gesellschaft einem zugewiesen werden.

Fischer Verlag. 352 Seiten. 21 €

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13 informative Bücher zum Thema Rassismus

Spätestens die Debatte um rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA, die „Black Lives Matter“-Bewegung, und zuletzt die Debatte um rassistische Tendenzen und in der deutschen Polizei haben es in unser aller Bewusstsein gerufen: Rassismus ist immer noch ein bedeutendes Problem in den westlichen Gesellschaften. Es gibt einen systemischen Rassismus.

Zahlreiche Menschen leiden unter Diskriminierungen, Beleidigungen und Ausgrenzungen. Aufklärung und Bildung sind ein Weg, um rassistischen Strukturen entgegenzutreten. Wir stellen euch aus diesem Grund 13 interessante Bücher zum Thema Rassismus und Antirassismus vor.

Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten.

Wer Rassismus bekämpfen will, muss Veränderung befürworten – und die fängt bei einem selbst an.
„Darf ich mal deine Haare anfassen?“, „Kannst du Sonnenbrand bekommen?“, „Wo kommst du her?“ Wer solche Fragen stellt, meint es meist nicht böse. Aber dennoch: Sie sind rassistisch. Warum, das wollen weiße Menschen oft nicht hören.
Alice Hasters erklärt es trotzdem. Eindringlich und geduldig beschreibt sie, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt. Dabei wird klar: Rassismus ist nicht nur ein Problem am rechten Rand der Gesellschaft. Und sich mit dem eigenen Rassismus zu konfrontieren, ist im ersten Moment schmerzhaft, aber der einzige Weg, ihn zu überwinden.

hanserblau. 208 Seiten. 17 €

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„Streulicht“ von Deniz Ohde

Deniz Ohde: Streulicht. Suhrkamp Verlag.

Chancengleichheit würde herrschen, wenn jeder Person unabhängig von Kategorien wie sozialer Herkunft, Abstammung oder Geschlecht die gleichen Chancen bei Bildung und Beruf offen stünden. In Deutschland bleibt die soziale Herkunft laut der PISA-Studie 2015 entscheidend für den Schulerfolg, und zwar nach wie vor stärker als in anderen Industrienationen. Laut der PISA-Studie aus dem Jahr 2018 hat die soziale Ungleichheit in Deutschland sogar wieder zugenommen.

Deniz Ohde hat sich in ihrem Debütroman „Streulicht“ ganz dem Thema der sozialen Ungleichheit und des Rassismus gewidmet, indem sie mit einem klarsichtigen und unverstellten Blick sowie deutlichen Worten, um es mit Bourdieu zu sagen, den feinen Unterschieden in unserer Gesellschaft nachspürt, die sich von der Kindheit über die Jugend bis ins Erwachsenenleben ihrer Erzählerin ziehen.

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