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„Die Buchhandlung der Wünsche“ von Shinsuke Yoshitake

Shinsuke Yoshitake hat mit „Die Buchhandlung der Wünsche“ eine Graphic Novel für „alle, denen Bücher die Welt bedeuten“, vorgelegt, ein Buch für Bücherfreunde, Büchernarren und Bibliophile. Denn er nimmt uns in diesem Comic mit in eine Buchhandlung, in der man alle möglichen Bücher über Bücher kaufen kann. Inhaber der Buchhandlung der Wünsche ist ein sympathischer Buchhändler mittleren Alters mit Halbglatze und Schnurrbart, der seine Kundinnen und Kunden freundlich bedient.

Wenn im Laufe des Buches immer wieder kleine Szenen inszeniert werden, bei denen Menschen verschiedenen Alters und Geschlechts – vom Kind über den Geschäftsmann bis zur älteren Dame oder zum älteren Herrn – in den Laden kommen, um nach Büchern zu bestimmten Themen zu fragen, antwortet der Buchhändler jedes Mal: „Und ob! Die haben wir!“ und legt sofort eine Auswahl von einigen Büchern auf den Ladentisch. Die Buchhandlung der Wünsche scheint also keine Wünsche offen zu lassen.

Zu Beginn des Buches hat der Zeichner ein Inhaltsverzeichnis in Form eines Buchregals vorangestellt, in dem man eine Übersicht sowohl über die Kapitel als auch über deren Inhalt bekommt. Die Fächer des Bücherregals, überschrieben mit seltene Bücher, Bücherzubehör, Buchberufe, Bücherveranstaltungen, Bücherorte, Bücher über Bücher und Bibliotheken und Buchhandlungen, geben die Kapitelüberschriften an. Darin befinden sich jeweils mehrere beschriftete Bücher oder, im Fall des Zubehörs, Kisten, die den Inhalt mit Seitenzahl der meist eine Doppelseiten umfassenden Texte angeben. All das ist sehr liebevoll und detailverliebt gestaltet, in schöner Farbgebung und mit deutlichem Strich.

Copyright: Verlag Hermann Schmidt

Die Bücher, die es in der Buchhandlung der Wünsche zu kaufen gibt, stecken voller Überraschungen: Da wäre zum Beispiel das Mondscheinbuch, dessen Tinte nur im Licht des Vollmonds lesbar wird, oder das Buch-Buch, das aus mehreren separaten Teil-Büchern besteht und das man nur in gemeinschaftlicher Anstrengung umblättern und lesen kann. Außerdem bekommen wir gleich zu Beginn die Anweisung, wie die Zucht von Bücherbäumen gelingt, nämlich indem man einen Samen zwischen den Seiten eines Buchs platziert, das Buch in die Erde pflanzt und dem daraus entstehenden Baum Geschichten vorliest. Anschließend kann man von den Ästen der Bäume Bücher pflücken.

Das vorgestellte Zubehör, wenn es dieses denn wirklich gäbe, wäre auch hin und wieder praktisch: Ein kleiner Leseroboter feuert beim Lesen an, tauscht sich mit den Lesenden über Bücher aus und dient als Lesezeichen. Ein Covertransformer wandelt die Cover von Büchern, für die man sich schämt, in intellektuell erscheinende Bücher um.

Eigentlich feiert das Buch „Die Buchhandlung der Wünsche“ die Vorzüge der unabhängigen und kleinen Buchhandlungen, in denen eine Buchhändlerin oder ein Buchhändler jede Ecke seines Ladens kennt und die Kundinnen und Kunden individuell beraten kann. Es verneigt sich vor all denjenigen, die täglich mit Büchern arbeiten und Licht in den Dschungel aus Veröffentlichungen bringen: vor Buchhändlern. Aber auch vor Bibliothekaren, die das Wissen und die Geschichten der Bücher allen zur Verfügung stellen. Und es ist ein Buch für all diejenigen, die Bücher lieben, gerne lesen und sich über diese freuen können.

Copyright: Verlag Hermann Schmidt

So stellt der Autor etwa zunächst ein Bootcamp für fortgeschrittene Buchhändler vor, in dem Aufgaben wie Bücheraerobic, Überprüfung der Buchsortierfähigkeiten, Buchempfehlungen schreiben und Bücher folieren auf der Tagesordnung stehen. Er würdigt die Profis, die in Buchhandlungen arbeiten und sich mit Büchern auskennen. Denn in Buchhandlungen könne man neue Welten entdecken, die man online nicht finden würde.

Gegen Ende des Buches widmet sich Yoshitake den Bibliotheken. Die Bibliotheken stellen Bücher vielen Menschen zur Verfügung, nicht nur einem. Es wird der ganze Zauber des Bibliothekswesen ausgebreitet: Wie sich wohl der erste Mensch gefühlt haben muss, der die Idee zu einer Bibliothek hatte? Wie sich die ausgeliehenen Bücher fühlen müssen, nachdem sie gelesen wurden? Bibliotheken seien ein Ort für Bücherliebhaber – „[u]nd für alle, die die lieben, die Bücher lieben“.

Copyright: Verlag Hermann Schmidt

Einige Büchernarren kommen in der „Buchhandlung der Wünsche“ vor. So feiert etwa ein Brautpaar in einer Buchhandlung seine Hochzeit, samt Buchweitwurf statt Blumenstraußwerfen sowie Gelübde vor dem Buchhändler. Darüber hinaus fliegt ein lesender Reisender in einer Kapsel, die an einem Helikopter hängt, durch die verschiedensten Regionen der Welt, ohne etwas davon zu bemerken, weil er so in sein Buch vertieft ist. Und ein sehr reicher Mann, der Bücher über alles liebt, richtet sich in einem Tal eine Privatbibliothek in einer Art Turmbau ein, die aber dann geflutet wird und nur noch teilweise zugänglich ist.

Yoshitake geht sogar so weit Menschen als Bücher aufzufassen: Jeder habe – wie ein Buch – eine Geschichte und warte darauf, dass andere seine Geschichte wahrnehmen. Man komme als weißes Blatt Papier auf die Welt, doch am Ende habe man eine ganze Geschichte geschrieben. Jeder ist demnach vergänglich, doch den Geist kann man weitergeben.

Zuletzt lässt er uns noch wissen, dass im Grunde alle Autorinnen und Autoren, Dichterinnen und Dichter und Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wenn sie ein Buch veröffentlichen, insgeheim darauf hoffen, dass ihre Veröffentlichung ein Bestseller werde. Doch dafür, wie man einen Bestseller landet, hat selbst die Buchhandlung der Wünsche kein Buch vorrätig! Mit Witz, Charme und Warmherzigkeit zeichnet Yoshitake seine Figuren und die kurzen Episoden. Alle, die Bücher mögen, werden sich über dieses kleine Buch freuen können. Es eignet sich meiner Ansicht nach gut als Geschenk für Bücherfreunde.

Zur Entstehung des Buches gibt es noch eine kleine Anekdote: „Die Buchhandlung der Wünsche“ erschien 2017 im japanischen Original und wurde daraufhin in mehrere Sprachen übersetzt. Die Verleger des Verlags Hermann Schmidt waren sich unsicher, ob sie das Buch herausgeben sollten, als sie es entdeckten. Weil sie an Petra Hartliebs Buch „Meine wundervolle Buchhandlung“ (2010) dachten, wandten sie sich an Frau Hartlieb, um diese zu fragen, was sie von dem Buch halte. Die gab das Buch an eine italienischen Kollegin weiter, die die italienische Übersetzung kannte und davon schwärmte. Unbedingt sollen sie es machen, meinte sie. Die Italienerin, Silvia Chiarini, übersetzte das Buch schließlich zusammen mit einer deutschen Kollegin, Nicole List, aus dem Italienischen ins Deutsche. Und so kommt „Die Buchhandlung der Wünsche“ ein wenig aus Petra und Oliver Hartliebs Wiener „wundervollen Buchhandlung“.

Shinsuke Yoshitake, 1973 in der Präfektur Kanagawa geboren, erwarb einen Abschluss in Bildhauerei und Mixed Media an der School of Art & Design der University of Tsukuba. Er ist der Autor zahlreicher Kinderbücher, die oft ausgezeichnet wurden.

Bewertung: 5/5 für alle, die Bücher mögen

Bibliographische Angaben:
Autor: Shinsuke Yoshitake
Titel: Die Buchhandlung der Wünsche
Übersetzung aus dem Japanischen: Silvia Chiarini und Nicole List
Verlag: Verlag Hermann Schmidt
Erscheinungsdatum: 29.02.2020
Seitenzahl: 104
ISBN: 9783874399364
Kaufpreis: 15 €

Weitere Rezensionen:
Buch-Lady

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar, welches ich im Rahmen meiner Tätigkeit für TITEL Kulturmagazin erhielt. Die Tatsache, dass es sich um ein Leseexemplar vom Verlag handelte, beeinflusst meine Meinung nicht.

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